Sinuhe – „Mescalin“ (Review)

mescalin

Schwer talentierter, engagiert bei der Sache, mit Lob von Seiten der noch überschaubaren Hörerschaft geradezu überhäuft und dennoch bis heute mehr der Geheimtipp, als die bestens bekannte Bank, auf die man setzen mag. Das ist die Lage, wie man sie immer wieder vorgeführt kommt und selten brachte man dafür mehr Unverständnis auf als für Sinuhe, der vor Kurzem nach langem Warten endlich sein Meisterstück „Mescalin“ in die Welt entlassen hat. Denn das Können und die Leidenschaft für das eigene Schaffen ist seit jeher unverkennbar beim Wuppertaler Echthalter. Ob mit vorliegenden vierzehn Stücken endlich die mehr als verdiente Aufmerksamkeit auf Sinuhe gerichtet wird?

Laut eigener Aussage gab es bei den Aufnahmen der Stücke dabei nicht weniger Ansprüche, als die, genügend Potenzial in die Stücke zu pressen, um das Gesamtwerk als Anwärter zum Klassiker auf die Massen loszulassen. Ein hochgesetztes Ziel, wie man es von Rappern und ihrem übermäßig entwickelten Egos keine Seltenheit mehr ist. Und dennoch hat man bei Sinuhe nicht das Gefühl, dass er damit Übertreibung im Sinne hat. Im Gegenteil, vorausgegangene Stücke, Gastbeiträge und nicht zuletzt die inzwischen immer wichtiger gewordene Erfahrung sprechen für ihn und lassen doch tatsächlich glauben, dass hier in der Tat so Einiges geht.

Nach dem ersten Hördurchlauf ist dann auch klar, dass das eben Gehörte beachtlich ist. Nicht nur aufgrund der Souveränität, die Sinuhe von Anfang an ausstrahlt („Masterpiece“) und seiner herausstechenden Art zum Reimen. Auch die unter anderem von Jay Beaz, Phong Bak, Illuzion, Drum Kid und Sinuhe selbst produzierten Beats schaffen den Spagat zwischen abwechslungsreich und eingängig, zwischen energisch („Supastar“ mit einem grandiosen Inzoe als Gast) und leicht melancholisch auf dem unglaublich gelungenen, Mut machenden „Für Dich“ mit Brenna an der Hook, der seinen Teil zu diesem, ich betitel es einfach mal Hit, beiträgt.

Thematisch gibt es Anspruchsvolles auf die Ohren, zumindest gemessen am heute waltenden Standard, aber angenehm einfach formuliert, so dass man auch ohne Fremdwortlexikon Sinuhes Lebensbeschauungen folgen kann, wie er dies etwas auf „Arm Und Reich“ zum Ausdruck bringt. Wie man als Hörer von Stücken wie „Blickwinkel“ oder „Täglich Grüsst“ umwickelt wird und in den Bann des Künstlers gezogen wird, ist große Klasse, wo man sich fragen muss, wieso sowas nicht in aller Munde ist. Und wo dein durchschnittliches Album zum Ende hin gerne mal stark abbaut, da haut Sinuhe mit „R.I.P.“ noch mal eben einen dieser fesselnden Tracks raus, der dafür sorgt, dass man geneigt ist, das Album gleich ein weiteres Mal im Player zu lassen.

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Schade lediglich die zum Teil kurze Spieldauer der Tracks, die dank der herausragenden Qualität viel zu schnell ihr Ende erreichen. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, darf man dies zugleich jedoch als Vorteil des Album sehen, nimmt es dadurch einen kompakt gehaltenen Charakter an, der weitaus öfters in voller Länge ertönt, als es vermutlich bei 5-Minuten-Stücken der Fall wäre. So gesehen also auch hier alles richtig gemacht und eine denkbar günstige Ausgangssituation fürs Schlussfazit geschaffen.

Ob „Mescalin“ nun als Klassiker der Deutschrap-Geschichte eingeht und sich damit in eine Reihe mit Kopfnickern und Co. positioniert, bleibt zwar abzuwarten. Fakt ist jedoch, dass das Potenzial durchaus vorhanden wäre und man es Sinuhe wünschen würde. Hier steckt jede Menge Leidenschaft und Energie in und zwischen den Stücken und das merkt man zu jedem Zeitpunkt. Keine Frage, „Mescalin“ ist ein gelungenes Gesamtpaket und ein herausragender Release eines Rappers mit Ambitionen und Engagement, was belohnt werden sollte. Mit „Mescalin“ setzte sich dieser immerhin bereits selbst ein kleines Denkmal. Grandios.

Sinuhe – „Mescalin“ (Review)

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