Shad – „TSOL“ (Review)

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Es gibt Rapper, die einem das Gefühl vermitteln, etwas Besseres zu sein als man selbst. Und man nimmt es ihnen, womöglich auch nur unbewusst, hin und wieder sogar ab. Der im Lamborghini sitzende, mit Diamanten behängte Sprücheklopfer hat eben nur wenig gemeinsam mit dem kaufmännischen Auszubildenden, der immer noch mit dem Bus zur Arbeit fährt. Von Zeit zu Zeit gibt es dann jedoch auch jene Künstler, die derart bodenständig und gesittet daher kommen, dass sie genau so gut direkt nebenan wohnen könnten, ohne künstliches Posieren und herablassende Sprüche . Künstler wie der aus Kanada stammende Shad, der dieser Tage sein drittes Soloalbum auf den Markt bringt, nachdem der Vorgänger „The Old Prince“ bereits als Klassiker der Neuzeit gehandelt wird.

Bereits die ersten Minuten zaubern jedem halbwegs leidenschaftlichen Rap-Hörer ein Lächeln ins Gesicht und angesichts der insgesamt dreizehn Anspielpunkte fühlt man sich, was Vorfreude angeht, wieder in frühe Kindheitstage versetzt, als man es kaum mehr bis zur weihnachtlichen Bescherung ausgehalten hat. Dass hier erneut außerordentliche Qualität im Spiel ist, ist zu diesem Zeitpunkt bereits offensichtlich und das Einzige, was den Eindruck von „TSOL“ ein klein wenig trüben könnte, wären allenfalls die vom Vorgänger her resultierenden Erwartungen. Shad entgegnet diesen mit einer sympathischen Unverfrorenheit und zimmert mit „Rose Garden“ gleich mal eines dieser bezaubernd zeitlosen Stücke hin, die neben grandioser Produktion auch reichlich gehaltvolle Zeilen beinhalten.

Ein derartiges Komplettpaket in einem einzigen Song wiederzufinden, ist eine reife Leistung und im vorliegenden Falle fast schon ein Markenzeichen des Kanadiers. Man führe sich nur das kurz darauf folgende „Lucky 1’s“ zu Gemüte, welches nahezu vollkommen scheint. Hier wird jeder einzelne Track noch liebevoll arrangiert und ausproduziert, fernab jeglichen Zeitdrucks und Kommerzdenkens. Der Song, kein bloßer Minutenfüller unter vielen, sondern ein für sich stehendes, zu einem großen Ganzen gehörendes Puzzleteil. Eine Erkenntnis, zu der neben Kritikern und Konsumenten, die das Album in Kanada auf einen beachtlichen Platz 24 hievten, auch Kollegen wie der ebenfalls herausragende Classified kommen, der das hypnotisch wirkende „A Good Name“ produzierte.

Selbst das als Interlude gekennzeichnete „Call Waiting“ entlockt dem Zuhörer ein ernstgemeintes ’schön‘. Womit man allmählich auch den Kern des Albums ausmacht: das Grundgerüst von Shads Musik ist an sich betrachtet recht simpel gestrickt, funktioniert aber in dieser Form überragend. Das liegt zum Einen an Shads wirkungsvollen Texten, die den Weg in den Gehörgang auf Anhieb finden und an der Liebe für die Sache, die aus jeder Sekunde Spielzeit rinnt. Lieblos dahin geklatscht geht jedenfalls anders und so ist man geradezu überwältigt vom geerdeten Charme des Langspielers.

Dieses Album mit „The Old Prince“ zu vergleichen, macht am Ende des Tages nur wenig Sinn. Nicht nur liegen zwischen beiden LPs gut drei Jahre, in denen ein Künstler wie Shad weiter reift. Auch sind beide für sich genommen großartig und bedeutsamer als so manche Diskographie von Kollegen. Ein rundes Albums, das in keinster Weise steril oder konstruiert wirkt und einem stets vor Augen führt, warum man gerade Rapmusik zu ’seiner‘ Musik auserkoren hat. Klasse Album eines klasse Künstlers.

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